Freibeträge bei unentgeltlichen Zuwendungen durch Kettenschenkungen optimal nutzen
05.10.2022
Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sieht Steuerfreibeträge vor, die hinsichtlich ihrer Höhe vom Grad der Verwandtschaft zwischen Beschenktem und Schenker abhängen. Schenkungen zwischen nicht verwandten Personen, zu denen beispielsweise auch die Schwiegerkinder gehören, sind nur in Höhe von 20.000 € steuerbefreit. Gerade in Hinblick auf Grundstücksübertragungen auf Kinder taucht in der Beratungspraxis häufig der Wunsch aller Beteiligten auf, Grundvermögen auf das eigene Kind und das Schwiegerkind zu übertragen – mangels relevantem Freibetrag des Schwiegerkinds ein kaum gangbarer Weg. Praktisch ist es deshalb üblich, dass das Grundstück unter Ausnutzung eines Freibetrags in Höhe von 400.000 € auf das eigene Kind übertragen wird, das wiederum einen Teil der Schenkung unter Nutzung des Ehegattenfreibetrags in Höhe von 500.000 € auf das Schwiegerkind überträgt. Praktisch besteht dabei in der Regel der Wunsch, dass die beiden Vorgänge möglichst zeitgleich erfolgen und so wenig Aufwand wie möglich betrieben werden muss.
Solche Kettenschenkungen werden jedenfalls dann anerkannt, wenn der zuerst Beschenkte keine Verpflichtung zur Weitergabe hatte und völlig frei über das Geschenk disponieren kann. Dass der Schenker von der geplanten Weitergabe weiß oder sie sogar dessen Wunsch entspricht, ist dagegen unerheblich. Eine irgendwie geartete Schamfrist muss nicht zwischen den beiden Schenkungen liegen, solange offenkundig ist, dass der Erstbeschenkte auch hätte anders entscheiden können.
Kürzlich musste der Bundesfinanzhof darüber befinden, ob auch dann noch von einer Kettenschenkung ausgegangen werden kann, wenn beide Vorgänge in einer Notarurkunde zusammengefasst werden. Selbst für diesen Fall akzeptiert das Gericht eine Kettenschenkung, wenn sich im Einzelfall aus dem Vertrag oder den Umständen eindeutig die Entscheidungsfreiheit des ersten Beschenkten ergibt. Trotz des Wunsches nach Vereinfachung sei aber von Kettenschenkungen in einer oder in zwei unmittelbar taggleich aufeinanderfolgenden Urkunden abgeraten – das Risiko, dass der notwendige Nachweis nicht gelingt, ist zu hoch. Läuft ein Fall allerdings schief, besteht immer noch eine Chance, dass die Finanzgerichte helfen.
Fraglich ist allerdings, wie relevant die Kettenschenkungen zukünftig überhaupt noch sein werden. Führt doch die steigende Inflation zu einer deutlichen Entwertung der Freibeträge, sodass nicht klar ist, wie lange diese überhaupt noch für Zuwendungen an das Schwiegerkind mitgenutzt werden können. Das Problem haben wir in unserem Editorial näher beleuchtet.