Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
01.12.2022
Lieferketten: neue Pflichten für Unternehmen
Mit Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) am 01.01.2023 werden Unternehmen verpflichtet, sich darum zu bemühen, bei sich selbst und innerhalb ihrer Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Interessen zu gewährleisten. Am 23.02.2022 hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Lieferkettenrichtlinie veröffentlicht. Diese Richtlinie geht deutlich über das deutsche LkSG hinaus. Das bedeutet, dass mit der Umsetzung der Richtlinie ins deutsche Recht, was frühestens ab Mitte 2025 der Fall sein dürfte, das LkSG nochmals verschärft wird.
Für welche Unternehmen gelten die Regelungen?
Das LkSG gilt für alle größeren Unternehmen mit Sitz in Deutschland
- ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden in Deutschland,
- ab 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden in Deutschland.
Auch kleinere Unternehmen werden als Bestandteil einer Lieferkette von den Verpflichtungen ihrer Großkunden betroffen sein.
Die Lieferkettenrichtlinie wird frühestens Mitte 2023 in Kraft treten. Nach der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber, für die dieser zwei Jahre Zeit hat, werden Unternehmen mit Sitz in der EU unter folgenden Voraussetzungen betroffen sein:
- Sie haben mindestens 500 Beschäftigte und einen Nettoumsatz von mindestens 150 Millionen Euro weltweit oder
- Sie haben mindestens 250 Beschäftigte und einen Nettoumsatz von mindestens 40 Millionen Euro weltweit und sind in einem Risikosektor (Landwirtschaft, Textil, Rohstoffe) tätig, in dem sie mindestens 50 % ihres Umsatzes erwirtschaften.
Was kommt auf diese Unternehmen zu?
Sie sind dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten bestimmte Sorgfaltspflichten zu beachten, um menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder diese Risiken zu minimieren. Im Detail hat ein betroffenes Unternehmen folgende Aufgaben:
- Abgabe einer Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategie
- Festlegung der betriebsinternen Zuständigkeiten für die Umsetzung der Aufgaben
- Durchführung einer Risikoanalyse
- Implementierung eines Risikomanagements inklusive Abhilfemaßnahmen
- Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
- Wahrnehmung von Dokumentations- und Berichtspflichten.
Nach der Umsetzung der Lieferkettenrichtlinie kommt die Verpflichtung hinzu sicherzustellen, dass die Strategie des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Übereinkommen von Paris vereinbar ist.
Wie weit reichen die Pflichten der Unternehmen?
Die Unternehmen sind nicht verpflichtet, jegliche Verletzung menschenrechts-bezogener und umweltbezogener Pflichten erfolgreich zu verhindern. Sie müssen vielmehr in angemessenem Umfang Vorsorgemaßnahmen getroffen haben, um solche Verletzungen zu verhindern.
Was ein angemessener Umfang ist, wird dabei in einem gewissen Maß in das Ermessen des Unternehmens gestellt.
Welche Rechte sind geschützt?
Der im LkSG geregelte Arbeitnehmerschutz beinhaltet beispielsweise das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, das Verbot der Sklaverei und die Koalitionsfreiheit.
Umweltbezogene Belange beziehen sich vor allem auf Quecksilber, gefährliche Chemikalien und Abfälle. Zudem soll Schutz vor dem Einsatz von Sicherheitskräften erzielt werden, die das Verbot der Folter missachten.
Nach der Umsetzung der Lieferkettenrichtlinie bestehen auch Verpflichtungen im Hinblick auf den Klimaschutz.
Welche Maßnahmen sind jetzt in der Unternehmenspraxis zu treffen?
Zunächst sollten LkSG-relevante Themenbereiche erörtert, sodann betriebsinterne Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten festgelegt werden.
Es sollte geprüft werden, ob ein bereits vorhandenes Compliance-Management-System um die Voraussetzungen des LkSG erweitert werden kann.
Anschließend sollte ein Lieferketten-Risikomanagementsystem etabliert werden. Hilfreich dabei können die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen (BAFA) veröffentlichten „Handreichungen zur Umsetzung einer Risikoanalyse nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes“ sein.
Unternehmen sollten sich einen Überblick über ihre Lieferanten im Hinblick auf die beschriebenen Risiken verschaffen. Anschließend sollte nach besonders risikoreichen Bereichen priorisiert werden. Sodann sollte das Gespräch mit den Lieferanten im Hinblick auf das LkSG gesucht werden. Anschließend können im Einvernehmen und bei Bedarf Vertragsanpassungen oder Vereinbarungen zur Durchführung von Audits bei den Lieferanten beschlossen werden. Zudem können Lieferantenfragebögen zum Einsatz kommen.
In Fällen, in denen sich der Lieferant nicht kooperationsbereit zeigt, muss auch ein Abbruch der Vertragsbeziehungen in Betracht gezogen werden.
Hier ist zu betonen, dass die betroffenen Unternehmen vertraglich auf ihre Lieferanten auch dahingehend einwirken müssen, dass diese wiederum ihre eigenen Lieferanten (also die mittelbaren Lieferanten des großen Unternehmens) im Hinblick auf Risiken ins Visier nehmen.
Umgekehrt bedeutet das natürlich, dass diese kleineren unmittelbaren Lieferanten, auf die von den großen Unternehmen vertraglich eingewirkt werden wird, nun sehr genau aufpassen müssen, was ihnen infolge des LkSG an Vertragsänderungen und Anpassungen vorgelegt wird. Hier ist eine genaue Prüfung der Verträge erforderlich, damit nicht die Pflichten der großen Unternehmen auf deren Lieferanten abgewälzt werden. Vorsicht ist bei Klauseln geboten, die eine Haftungsfreistellung oder die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung zugunsten der großen Unternehmen gewähren oder Vertragsstrafen vorsehen.
Wie wirken sich Verstöße aus?
Kommen die Unternehmen diesen Pflichten nicht nach, drohen hohe Bußgelder von bis zu 800.000 Euro. Für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro können Bußgelder erhoben werden, die bis zu 2 % ihres durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen. Zudem können sie infolge von Verstößen in öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Nach dem LkSG droht keine zivilrechtliche Haftung. Die entsprechende EU-Richtlinie sieht eine solche Haftung allerdings vor. Das bedeutet, dass nach Umsetzung der Richtlinie direkte Ansprüche von Betroffenen gegen europäische Unternehmen auf Schadensersatz wegen Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden in der Wertschöpfungskette geltend gemacht werden können.
Wer kontrolliert die Einhaltung der Sorgfaltspflichten?
Zuständig für die Kontrolle und Durchsetzung des LkSG ist das BAFA. Außerdem soll ein europäisches Netz von Aufsichtsbehörden eingerichtet werden, das bei der Kontrolle der Sorgfaltspflichten zusammenarbeiten wird.
Fazit
Mit dem LkSG kommen auf Unternehmen neue bußgeldbewehrte Verpflichtungen zu. Deshalb lohnt es sich für diese, sich bereits jetzt auf die neuen Regelungen vorzubereiten, um später einen möglichst reibungslosen Ablauf bei der Durchführung der dargestellten Pflichten zur ermöglichen. Auch kleinere Unternehmen sollten sich mit den Regelungen auseinandersetzen, weil sie von ihren Großkunden dazu verpflichtet werden können, ihre eigenen Zulieferer auf LkSG-Konformität zu prüfen, und damit mittelbar auch zur Einhaltung des LkSG verpflichtet werden