Veranlagung von Arbeitnehmern ohne Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt in Deutschland
22.05.2020
International tätige Unternehmen müssen sich immer auch mit den steuerlichen Folgen der Mitarbeitermobilität befassen. Auch ausländische Arbeitnehmer erzielen deutsche Einkünfte, sobald sich diese zur Ausübung im Inland aufhalten. Dazu zählen beispielsweise Treffen oder Besprechungen mit ausländischen Vertriebsmitarbeitern am Firmenstammsitz. Auch eine Abfindungszahlung betreffend eine frühere Tätigkeit, die in Deutschland steuerpflichtig war, führt zu deutscher beschränkter Steuerpflicht.
Eine häufig günstige Veranlagung mit der Aussicht auf Steuererstattungen steht bisher nur beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern mit EU/EWR-Wohnsitz und -Staatsangehörigkeit offen. Ein Ausweg stellt in diesen Fällen das Speichern eines Freibetrags als Lohnsteuerabzugsmerkmal dar, da dies die Veranlagung verpflichtend machte. Beträgt der auf das Inland entfallende Arbeitslohn bis zu 11.900 EUR im Kalenderjahr, ist ab 2020 auch in diesem Fall keine Veranlagung mehr verpflichtend und damit auch nicht mehr möglich. Dies kann sich nachteilig auswirken.
Ebenfalls negativ wirkt die neue Pflichtveranlagung für beschränkt Steuerpflichtige mit mehreren Arbeitgebern im Inland oder mit ermäßigt ("1/5-Regelung") besteuerten Einkünften (z. B. Abfindungszahlungen, Entlassungsentschädigungen, aber vor allem auch Vergütungen mit langfristiger Anreizwirkung wie Aktienoptionen). Hier wird es im Rahmen der Veranlagung regelmäßig zu erheblichen Steuernachzahlungen kommen. Insbesondere im Fall der Verhandlung über Abfindungszahlungen von Mitarbeitern, die sich bereits wieder im Ausland befinden, muss diese Neuregelung beachtet werden. Möglicherweise kann es im Sinne der Arbeitnehmerbeziehung sinnvoll sein, im Rahmen des Lohnsteuerabzugs auf Anwendung von Vergünstigungsregelungen zu verzichten, um späteren Nachzahlungen in einem Veranlagungsverfahren vorzubeugen. Andererseits ist bei Nicht-Anwendung der 1/5-Regelung im Einzelfall die Antragsveranlagung gesperrt, was wiederum nachteilig wirken kann. Für die Arbeitgeber ist die Komplexität der steuerlichen Thematik damit nochmals gestiegen.